Gstättner, Egyd
Ein Endsommernachtsalbtraum mehr als ein Kriminalroman
Buch

Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Franz Lettner; Krimiparodie und Satire auf Politik- und Literaturbetrieb. (DR) Chefinspektor Sichalich ist Leiter der Gruppe Gewalt in der Stadt Hintersiebenbergien in Hallodrien, unschwer als südliches Bundesland zu identifizieren - nicht nur weil dort "abenteuerlich korrupte Politiker" und "abenteuerlich bankrotte Banken" ihr Unwesen treiben. Der Chefinspektor träumt von der Frühpension und einem Leben als Kriminalschriftsteller, derweilen aber sammelt er Eierbecher und philosophiert mit seinem Freund über Wittgenstein. Mit Johann Sichalich stellt Egyd Gstättner eine Art Kärntner Kottan in den Mittelpunkt seines Romans, der als deutlich überzogene Satire auf Politik und Gesellschaft und als Parodie auf die Gattung beginnt und dann, als man schon nahe daran ist, die Lektüre genervt abzubrechen, doch noch Schwung aufnimmt. Dafür sorgen die Friesacherin Mechthild Metnitzer, Jugendschwarm Sichalichs, ein ermordetes Kaninchen, ein Chinese, der vom Regionalzug von Mürzzuschlag nach Villach enthauptet wird, und ein "Monster, das Hundekotsäcke in seinen Kofferraum füllt." Die satirische Kraft nimmt deutlich zu, die Dynamik der Handlung ebenfalls und der Humor wird zusehends absurder bis hin zu einem fast furiosen Ende, das, wie könnte es anders sein, doch einige Fragen offenlässt. Immerhin aber denkt der Autor im letzten Kapitel eine Fortsetzung zur Klärung an, mit dem Hinweis an die LeserInnen und KritikerInnen, dass hunderttausend verkaufte Exemplare von Sichalich I ein überzeugendes Argument für Sichalich II wären ---- Quelle: Pool Feuilleton; Der Begriff Kriminalroman gilt in literarischen Kreisen oft als Bedrohung der literarischen Intelligenz. Wenn allerdings eine Story mehr als ein Kriminalroman ist, kann man sich auf allerhand Hyper-Fiktion gefasst machen. Egyd Gstättner liefert mit seinem Endsommernachtsalbtraum ein Sittenbild eines verrückt gewordenen Bundeslandes ab, das sich in Ermangelung jeglichen Inhalts selbst als Hallodrien bezeichnet. In diesem Land genügt es "Hallo" zu sagen, und man ist schon jemand. Held dieses Wahnsinnsimperiums ist der Kommissar Johann Sichalich, der wie alle seine Kollegen auf die Frühpension spitzt und die Zeit bis dorthin mit Creative writing überbrückt. Fallweise schreibt er für die Monopolzeitung "Die Feine", über Fernkurs freilich lässt er sich Fehler an seinem Krimi ausbessern, der ihm nur mühselig aus der Feder rinnt. Dabei gäbe es genug echte Arbeit, denn Mörder und Ermordete tauchen im dreißig-Seiten-Rhythmus auf. Der ehemalige Tormann Bloch, der einst in Handkes Angst des Tormanns beim Elfmeter aus Versehen einen Elfer gehalten hat, hat nun wirklich seine Geliebte umgebracht. Ein Chinese, der beim Fotografieren des Schlosses nicht aufpasst, wird vom Regionalexpress der ÖBB geköpft, was vorerst Mordalarm auslöst. Der Direktor des Altersheims wird offensichtlich von einem Frustgänger ermordet. Alle diese Fälle landen bei Sichalich, der sich unaufgeregt an die alte Bullen-Weisheit hält: "Einen Mörder fasst man entweder schnell oder gar nicht." (171) Als der Jugendliebe Mechthild ein Kaninchen abgemurkst wird und ihr Mann verschwindet, schaltet sich Sichalich wieder ein, riskiert einen erotischen Stunt, der aber in voller Impotenz endet, was die Aussicht auf die Frühpension erhöht. Immer wieder wird die sogenannte Handlung von Werbeeinschaltungen unterbrochen, während der Leser aufs Klo geschickt wird. Anstatt wie im Krimi üblich, den Protagonisten durch verschiedene Gegenden zu jagen, inserieren hier die dabei aufgesuchten Firmen, ohne dass sich der Held plagen müsste. Überhaupt ist Sichalich ein besonderer Kommissar: "Anders als alle Kommissare dieser Welt, kochte er nicht sondern aß." (84) Irgendwann liegen eine Menge ungeklärter Fälle auf dem Schreibtisch des Krimi-schreibenden Kommissars und die Geschichten können vermutlich nur gelöst werden, wenn rechtzeitig ein Fortsetzungsband erscheint. Egyd Gstättner kommt einem verrückt gewordenen Land mit einem verrückt gewordenen Genre bei. Dabei gibt es kaum Übertreibungen oder Überhöhungen, alles entwickelt sich logisch auf Hallodrischem Niveau. Jeder ist mit jedem verwandt, jede noch so kleine Postenbesetzung artet in Schmierage aus, jedes Zuprosten könnte eine neue Karriere bedeuten. Selten ist ein Stück Gesellschaft so schmatzend genau beschrieben worden wie Kärnten durch diesen wundersamen Schmierenkrimi. Helmuth Schönauer


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Personen: Gstättner, Egyd

DR.D Gst

Gstättner, Egyd:
Ein Endsommernachtsalbtraum : mehr als ein Kriminalroman / Egyd Gstättner. - Wien : Picus-Verl., 2012. - 190 S.
ISBN 978-3-85452-684-1

Zugangsnummer: 24756
Kriminalroman/ Thriller - Buch