Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/) Autor: Daniela A. Frickel; Mädchenliteratur was kann und soll das im Zeitalter des Gender Mainstreaming überhaupt noch sein? Betrachtet man den KJL-Markt, insbesondere populäre Literatur, wird verlagsseitig noch immer oder seit 2000 im Zeichen des Postfeminismus wieder verstärkt Geschlechterdifferenz vermarktet Kicken für Jungs, Glitzer für Mädchen. Irritationen derartiger Stereotype durch die von Judith Butler postulierte performative Kraft von Kunst und Literatur finden sich überwiegend in avancierten Titeln der Jugendliteratur, bspw. Marsmädchen (Bach, 2003) oder Tigermilch (de Velasco, 2013). Aber auch drei aktuelle Romane, allesamt von jungen österreichischen Autorinnen (Jg. 1981/82), die von Mädchen an der Schwelle zum Erwachsensein erzählen, setzen Akzente in der Darstellung weiblicher Adoleszenz. Von zwei talentierten Außenseitern erzählt der Roman Manchmal dreht das Leben einfach um von Kathrin Steinberger. Almuth, genannt Ali, ist knapp siebzehn, hochbegabt und mit, wie sie selbst sagt, autistischen Zügen gekennzeichnet. Außer ihrer Freundin Isa hat sie wenig soziale Kontakte, lebt in einer klassischen Mittelstandsfamilie, in der es ordentlich zugeht, und bereitet sich auf die Matura vor. Anders als die anderen Mädchen ihres Alters interessiert sie sich kaum für Jungen, bis nebenan ein Gebäude renoviert wird, in das der Ex-Skateboarder-Profi Kevin Donner einzieht. Durch seine sportlichen Erfolge hat er viel Geld verdient und sich in dem eingeschlafenen Nest nach einem Unfall niedergelassen, um zur Ruhe zu kommen und eine neue Perspektive für sich zu finden. Der Roman erzählt die Liebesgeschichte zweier Jugendlicher, die aus unterschiedlichen Milieus stammen und gemeinsam vor der Aufgabe stehen, sich selbst und ihren Weg in das Leben als Erwachsene zu finden. Wenn es sich der Anlage nach auch um eine klassische Liebesgeschichte handelt, so sind die Figuren doch teilweise entklischeesiert: Kevin will eigenständig hauswirtschaften und lernt z.B. kochen, Ali lernt Skateboard fahren und will an der Technischen Universität studieren. Vor allem aber entwickelt Ali in der Beziehung zu Kevin ein selbstbewusstes sexuelles Erleben, das sie weniger als Begehrte als Begehrende erscheinen lässt, wobei sie mit zunehmendem Mut ihre Ideen und Bedürfnisse preisgibt und Kevin damit sogar zum Teil überfordert. Aber ist das der Grund, warum Kevin plötzlich untertaucht? Der Roman gibt der Entwicklung der Liebesbeziehung und der Darstellung zahlreicher gemeinsamer Nächte viel Raum und bildet dabei auch durch popliterarische Elemente plastisch eine jugendkulturelle Atmosphäre ab. Lexikonartige Beiträge, die Alis Gehirn ad hoc zu allen möglichen Stichpunkten, insbesondere aber Musikern, Bands, Filmen und Romanen einspielt, stören dabei einerseits den Lesefluss, fördern andererseits aber auch das Verständnis für die Hauptfigur, die selbst unter ihrer Verkopftheit leidet, weshalb für sie das Erleben von Nähe zunächst eine besondere Herausforderung darstellt. Dramatik entwickelt dieser Roman allerdings erst kurz vor Schluss mit dem Abtauchen Kevins, wie der Text insgesamt zum Ende hin erst an Fahrt gewinnt: In Form eines Zeitraffers wird der weitere biographische Werdegang Alis vorhergesehen: In Kürze wird vom undramatischen Ende der Beziehung zu Kevin, dem Studium, neuen Beziehungen, dem Wiedersehen mit Kevin, dem Tod eines Freundes und der Geburt ihrer Kinder erzählt ein Ausblick, der deutlich macht, dass das Leben manchmal umdreht. [...] Alle drei Romane zeichnen sich durch interessante Mädchenfiguren und spannende Liebesplots aus, die nur im Ansatz noch traditionell erscheinen, denn Ali, Viki und Juli entwickeln sich zu sexuell emanzipierten, selbstbewussten Persönlichkeiten, die es letztendlich mit der Zukunft aufnehmen wollen. Herausragend aber erscheint hier der Rabensommer, der nicht nur poetisch dicht gestaltet ist, sondern auch subtil Heteronormativität in Frage stellt. Siehe weiters Sabine Schoder: Liebe ist was für Idioten. Wie mich Siehe weiters Elisabeth Steinkellner: Rabensommer ---- Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Cornelia Gstöttinger; Boards, Tricks, Green-Day-Sound und zwei einnehmende Außenseiterfiguren der österreichischen Jugendliteratur, die die erste Liebe und eine neue Richtung für ihr Leben finden. (ab 15) (DR) "summer has come and passed / the innocent can never last" Ali ist ein wandelndes Wikipedia-Lexikon. Sie hat einen IQ von 136, aber mit Veränderungen im sozialen Umfeld kommt die 16-Jährige nicht gut zurecht. Ein Reiz reicht aus und ihr Hirn rotiert und spult sämtliches Wissen ab wie eine Festplatte beim Defragmentieren. Ähnlich reagiert Ali, als Kevin, Ex-Skate-Profi und seit kurzem ihr Nachbar, ihr nahekommt. Fast nur über Dialoge entwickelt Kathrin Steinberger diese intensive Liebesgeschichte: Über ihre Leidenschaft zum Sport - Kev bringt Ali Snowboarden und Skaten bei - finden die beiden interessant angelegten Figuren langsam zueinander und erleben ihre erste richtige Beziehung. Erste sexuelle Erfahrungen als Paar werden ebenso authentisch und explizit geschildert wie die genialen Tricks, die Kev mit seinen Skaterfreunden auf der Halfpipe und im freien Gelände macht - am besten gleich während der Lektüre youtuben und staunen. "I'll carry your world. [...] And all your hurt." Unter der unterhaltsamen, teils lässig-flapsigen Textoberfläche kristallisiert sich das Psychogramm zweier faszinierender Außenseiter heraus, die einander bedingen. Die sich so nehmen, wie sie sind, und sich gegenseitig helfen, ihre Lebensspur zu finden. Ali, indem sie sich gegen die Pläne ihres dominanten Vaters auflehnt, und Kevin, indem er sich endlich seiner Vergangenheit stellt. Obwohl ich kein Fan von Silben verschluckendem Slang, der Kevin auszeichnet, bin, hat es mich ordentlich gepackt beim Lesen: Erst saugt es einen tief hinein in die Skaterszene und dann umfängt einen plötzlich diese ernsthafte, zärtliche Liebe zwischen Kev und Ali, durchbrochen von den verschlossenen Tagen, an denen Ali vergeblich zu Kev vorzudringen versucht. "save my love through loneliness / save my love through sorrow" Gelungen bringt Kathrin Steinberger Alis Hochbegabung zur Geltung, indem sie Infos zu Musikalben, TV-Serien und Filmen wie Popups aufploppen lässt. Die zahlreichen eingestreuten Song-Zitate u.a. von Green Day, Coldplay und Johnny Cash sind aber nicht nur nettes Beiwerk für ein jugendliches Lesepublikum, sondern liefern eine tiefere Bedeutungsebene, der man mit Begeisterung nachspürt und -hört. Awesome! Für alle Büchereien. ---- Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp) Autor: Annamaria Zelger; Almuth, kurz Ali genannt, lernt für das Abitur, muss eigentlich aber nicht viel machen, weil sie hochbegabt ist. Ihr Leben lang hat sie versucht, es allen recht zu machen, sich einzuordnen und durch ihre Begabung ja nicht aufzufallen. Als im Nachbarhaus der junge Ex-Skate-Profi Kevin Donner einzieht, trifft sie zum ersten Mal auf einen Menschen, der sie so nimmt, wie sie ist. Er unternimmt mit ihr hauptsächlich Radtouren und lehrt sie Snowboarden und Skaten. Sie verlieben sich, kommen sich schnell näher und erleben ihre erste Beziehung. Ali muss anfangs noch gegen den "Computer" in ihrem Hirn ankämpfen, der bei Aufregung besonders lästig ist. So fallen ihr die Listen aller Lieder auf einer CD mit Entstehungsdaten und Musikern ein. Sie kann den Abspann vieler Filme vollständig aus dem Gedächtnis aufsagen und sämtliche Definitionen, die sie jemals gelesen hat. Besonders gut kann sie mit Zahlen umgehen, damit kann sie sogar Kevin beeindrucken. Bald merkt Ali aber, dass Kevin immer wieder auf Distanz zu ihr geht und sie nicht wirklich an seinem Leben teilhaben lässt. Die gemeinsamen Momente, in denen er sich öffnet, sind kurz und gewähren ihr nur wenig Einblick. Das meiste über ihn erfährt sie aus dem Internet, wo die Skater-Szene ausführlich dokumentiert wird. Als Kevin dann plötzlich verschwindet, bricht für Ali eine Welt zusammen. Die Autorin lässt hier zwei Welten aufeinandertreffen, die nicht entgegen gesetzter sein könnten: das Leben einer Hochbegabten und das eines reichen Ex-Profis, der nach einem neuen Lebensinhalt sucht und eine schreckliche Vergangenheit zu verarbeiten und zu vergessen versucht. ab 15 J. ---- Quelle: STUBE (http://www.stube.at/) Sich auf dem Skateboard im Luftstand um 180 Grad zu drehen, ist eine Kunst für sich. Für Kevin ist dieses Kunststück integrativer Bestandteil eines rasanten Lebens. Umso härter fühlt sich der Fall an, der den Profiskater nach einer Verletzung dort stranden lässt, wo die Ich-Erzählerin lebt. Alis Leben war bisher nicht von großen Sprüngen geprägt, sondern vom Versuch, als hochbegabte 17-Jährige Informationen zu kanalisieren. Anlass, um das Erzählen durch lexikonartige Infoblöcke zu strukturieren, die humorvoll aus dem Vollen generationsübergreifender Medienvorlieben schöpfen. Gemeinsam jedoch stehen Ali und Kevin nun zahlreiche Shoot-outs bevor, denn das wachsende Vertrauensverhältnis wird von einem Geheimnis überschattet, das tief in Kevins Biografie begraben liegt. Doch wie das Skaten den Ollie, kennt auch die Wahrheit den notwendigen Versuch, den sicheren Boden zu verlassen. *STUBE*
Personen: Steinberger, Kathrin
JE Ste
Steinberger, Kathrin:
Manchmal dreht das Leben einfach um / Kathrin Steinberger. - Wien : Jungbrunnen, 2015. - 278 S.
ISBN 978-3-7026-5893-9 EUR 16.95
Erzählungen von 10 bis 13 Jahre - Buch