Zeit ist relativ, wenn die mit Selbstverständnis getragene Leichtigkeit einer Freundschaft zum gemeinsamen Ziel führt, dem Meer. (ab 3) (JE) Die Schnecke möchte ans Meer. Der Riese denkt gerade über seinen Schatten nach, als er mit der Schnecke ins Gespräch kommt, die ihn ganz selbstverständlich als Reisebegleiter und Zeitraffer gewinnt, hätte sie allein doch drei Jahre bis zum Ziel gebraucht. Gut "behütet" - die Schnecke durch die Villa auf dem Rücken, der Riese mit der Fische-Schar auf dem Kopf - geht es großen Schrittes durch die Lande. Ein Riesenschritt oder zwei Wochen im Schneckentempo bis ans Meer, die Anerkennung der Gleichwertigkeit zeigt sich am Ziel. Durch das Sich-Mitteilen unter Freunden bekommt das überwältigende Blau des Meeres Leben und wird spürbar. In ihren poetischen Geschichten sind Heinz Janisch und Helga Bansch ein harmonisches, eingeschworenes Team, wenn es darum geht, Grenzen aufzubrechen und dabei einen warmen Rückhalt im Selbstvertrauen ihrer Figuren nicht zu verlieren. Bei allem Mut zur Annäherung an Unbekanntes ist immer ein Zuhause da, die Schnecke fungiert als Symbol. Im Text wie im Bild regieren die Magie des Selbstverständnisses surrealer Zustände, das macht offen für Fremdes: Der rote Socken strickende Riese begegnet der sonnencremebeladenen, reiselustigen Schnecke. Sprache und Bild tanzen Hand in Hand, teils sich spiegelnd, teils selbstständig ergänzend, wenn die collagierte Landkarte in sprachlicher Poesie ihre Auflösung findet: "Dörfer und Städte, Bäume und Felsen, Kirchturmspitzen und Berggipfel flogen an ihnen vorbei." Wie auch der Beginn mit "es war einmal" sein Pendant in Rapunzels Zopf ein paar Bilder weiter versteckt. Der Humor kommt dabei nicht zu kurz, z.B. bei einer Schnecke mit weit ausgebreiteten Armen in der Handschale eines Riesen als Titanic-Zitat. Kräftiger Farbmaterialienmix mit viel Rot, Graphitzeichnungen und Landkartencollagen spielen mit offenen Raumstrukturen. Die alles überblickende frontale Perspektive lässt den Betrachter nah ans Geschehen heran und eine Identifikation mit den Figuren zu. Eine Fülle von vertrauensvollem Lebensmut, heiteren Empfindungen und neugieriger Vorfreude machen das Buch empfehlenswert. *bn* Claudia Hufnagel-Zenz
Personen: Janisch, Heinz Bansch, Helga
Standort: Bibliothek
JD Jan
Janisch, Heinz:
¬Ein¬ Haus am Meer / Heinz Janisch ; Helga Bansch. - Wien; München : Verl. Jungbrunnen, 2006. - [26] S. : überw. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-7026-5772-7 fest geb. : ca. Eur 13,90
JD - Kind-Jugend-Belletri