Rezension (bv.)
"Das vorliegende Porträt setzt die begonnene Entmythologisierung und Historisierung fort - ohne Sophie Scholl dabei als Vorbild zu schmälern. Vielmehr ist erst jetzt . Sophie Scholl als selbstbewusste Frau ein authentisches Leitbild." Dieser Intention folgend erarbeitet Robert M. Zoske ein differenziertes Bild Sophie Scholls (1921-1943), das sie als komplexe, z.T auch komplizierte Persönlichkeit zeigt, deren Ehrlichkeit, Menschlichkeit, Gerechtigkeitsempfinden, Verantwortungsgefühl, Freiheitsliebe, v.a. aber ihre Verwurzelung im christlichen Glauben für ihr widerständiges Handeln ausschlaggebend waren. Durch intensive Recherchen (persönliche Briefe, Tagebucheinträge, amtliche Aufzeichnungen, schriftliche Belege von Freundinnen und Freunden, Prozess- und Verhörakten) gelingt es dem Autor, den von Schwankungen, Zweifeln und Unsicherheiten gekennzeichneten Entwicklungsprozess dieser jungen Frau aufzuzeigen und diesen gleichzeitig von glorifizierenden Interpretationen - basierend auf der bereits 1952 erschienenen Darstellung von Inge Aicher-Scholl - zu entrümpeln. So positionierte sich Sophie nicht bereits als 15-Jährige gegen den Nationalsozialismus - sie war von 1934-1941 Mitglied beim BDM, zwei Jahre länger als verpflichtend -, doch sie erkannte im Laufe des Krieges, dass sich der NS-Staat immer stärker zu einem Unrechtsstaat entwickelte, der ihren ethischen und religiösen Maßstäben widersprach und den man bekämpfen müsse. Entschlüsselnde Einblicke in den Charakter Sophies gewährt auch der Briefwechsel zwischen Sophie und ihrem Freund Fritz Hartnagel, der eine Beziehung offenbart, die vom "Ringen um die Vereinbarkeit von Liebe und Glaube, Sexualität und Spiritualität" geprägt war. Insgesamt zeigt Zoske Sophie Scholl nicht als heldenhaft überhöhte Figur, sondern als verletzbare, zwischen "Lust und Traurigkeit" schwankende, selbstständig handelnde junge Frau. - Uneingeschränkt für alle Büchereien zu empfehlen!
Rezension Autor*in (bv.):Inge Hagen
Annotation (bv.)
Sophie Scholl als lebendiges Zeugnis für die Sehnsucht nach Freiheit.
Quelle: ekz
Weiterführende Informationen
Personen: Zoske, Robert M.
Zoske, Robert M.:
Sophie Scholl: Es reut mich nichts : Porträt einer Widerständigen / Robert M. Zoske. - Berlin : Propyläen, 2020. - 448 Seiten, 16 ungezählte Seiten Tafeln : Illustrationen
ISBN 978-3-549-10018-9 Festeinband : EUR 24.00 (DE), EUR 24.70
Die Zeit des "Dritten Reiches" (1933 bis 1945) einschließlich der Vorgeschichte des Nationalsozialismus - Signatur: Ge.5.52 Zoske - Buch