Tosendes Feuer, verzweifelte Schreie, Verletzte und Tote, eine hilflos agierende Polizei und die 16-jährige Ich-Erzählerin Moonbeam, die mit letzter Kraft eingeschlossene Kinder zu befreien versucht, bevor sie selbst das Bewusstsein verliert - so dramatisch beginnt Will Hills Debütroman äAfter the Fireô und es wundert nicht, wenn man nicht anders als weiterlesen kann. Auf - das sei vorweggenommen - viel zu vielen Seiten erfährt man, wie es zu diesem Szenario kommen konnte. In den mit äDavorô betitelten Kapiteln schildert Moonbeam ihr Leben in der Sekte äLegion Gottesô, die im guten Glauben von Father Patrick gegründet wurde und deren Mitglieder ein gottesfürchtiges, aber dennoch aufgeschlossenes Leben in der Wüste Arizonas führen, bis es zum Aufstand und zur Machtübernahme - bedenkenlos äSäuberungô genannt - durch den charismatischen Father John kommt. Ab da sind Kontakte zur Außenwelt, Medien sowie Schulunterricht untersagt, stattdessen werden Sektenmitglieder allen Alters auf den kommenden Krieg gegen die äDiener der Schlangeô, die Ungläubigen, eingeschworen und in Waffentraining geschult. Vergehen gegen die äVerkündigungô werden von Father Johns Zenturios brutal sanktioniert. Moonbeam lebt nach dem frühen Tod des Vaters und der Verbannung der Mutter, die der Ungläubigkeit bezichtigt wurde, alleine in der Gemeinschaft und ist längst, wie einige andere, skeptisch geworden. Doch aus Furcht schweigt sie, bis es zur Katastrophe kommt. äDanachô, das sind die Kapitel, in denen die jugendliche Erzählerin von ihrem Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik spricht, in der sie nach dem großen Feuer jeden Vormittag mit einem Arzt und bisweilen auch einem FBI-Agenten spricht und nachmittags auf die anderen überlebenden Kinder in einer Art äGruppentherapieô trifft. Es gelingt ihr nach und nach, das Geschehene zu verarbeiten und als man ihre Mutter findet, wird sie in deren Obhut entlassen. Will Hill kann mit Sprache umgehen, Dialoge gestalten, Figuren skizzieren und es mangelt ihm ganz gewiss nicht an Fantasie, auch wenn man sich gelegentlich weniger Klischeehaftes gewünscht hätte. Doch zu viele inhaltliche Ungereimtheiten lassen einen bestenfalls irritiert zurück. Zwar verdeutlicht der Autor in seiner Anmerkung seine Absicht: Er wollte zeigen, wie charismatische Menschen ihre Fähigkeiten zum Machtmissbrauch verwenden und wie man weiterleben kann, wenn man feststellt, dass das ganze Leben auf einer Lüge basiert. Bedauerlicherweise sind diese redlichen Absichten im Roman nicht erkennbar. Eher weist er alle Merkmale eines (seichten) Thrillers auf, nur um die aufgebaute Spannung dann immer wieder zu enttäuschen. Fazit: äAfter the Fireô ist ein ambitioniertes und gutgemeintes Projekt, dem eine tiefgehende Recherche (v.a. in punkto Psychiatrie) sowie eine eindeutige Gattungszuordnung (problemorientierter Jugendroman) fehlen und dem es daher an Glaubwürdigkeit mangelt.
Personen: Hill, Will Ströle, Wofram
JE Hill
Hill, Will:
After the Fire / Will Hill. Aus dem Engl. von Wolfram Ströle. - München : dtv, 2020. - 475 S. - (Reihe Hanser)
ISBN 978-3-423-65032-8 kart. : EUR 16,40
Erzählungen und Romane - Kinder und Jugend