Verschiedene menschliche Lebensweisen im Vergleich - auch mit der Tierwelt. (DR) Luise ist 32 und promovierte Biologin. Ihr Forschungsschwerpunkt, den sie bei internationalen Kongressen in Vorträgen referiert, ist die Meerwalnuss. Dieses durchsichtige Tier sieht aus wie eine Qualle, leuchtet in der Dunkelheit schön und geheimnisvoll, ist für den Menschen nicht giftig, aber für das Ökosystem der Meere eine Katastrophe. Durch den internationalen Warenhandel eingeschleppt, verbreitet es sich aufgrund der Wassererwärmung in den europäischen Meeren rasend, weil der Schwarm keinerlei Rücksichten kennt. Verschränkt mit der genauen Beschreibung dieser seltsamen herzlosen Tierwesen ist die Schilderung des persönlichen Lebensweges von Luise. Aufgewachsen ist sie in Graz, in einer nicht gerade harmonisch geprägten Familie mit einem jüngeren Bruder, lange Zeit gequält von Neurodermitis und Magersucht. Nun kehrt sie aus Norddeutschland in ihre Heimatstadt zurück, um im Tierpark (als dessen Vorbild offenbar die Tierwelt Herberstein dient) einen Vortrag zu halten. Sie wird in diesen zwei Wochen in der Wohnung ihres Vaters leben, zu dem sie seit der Scheidung der Eltern ein distanziertes Verhältnis hat. Die Begegnungen mit der forschen Jugendfreundin Leo, mit ihrer alle Freiheiten genießenden Mutter, die Telefonate mit dem traditionell lebenden Bruder, bei dem sich der kranke Vater nun aufhält, konfrontieren die unsichere Luise mit ihrer unsteten Lebensweise. Hervorzuheben an diesem empfehlenswerten Roman (es ist der zweite der preisgekrönten Autorin nach einem aufsehenerregenden Debüt) sind seine sorgfältige Sprache mit vielen ungewöhnlichen Metaphern und die spannende Konfrontation von menschlichen Lebensarten mit der Tierwelt.
Personen: Gamillscheg, Marie
DR Gami
Gamillscheg, Marie:
Aufruhr der Meerestiere : Roman / Marie Gamillscheg. - München : Luchterhand, 2022. - 297 S.
ISBN 978-3-630-87562-0 fest geb.: Eur 22,70
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