Haslinger, Josef
Das Vaterspiel Roman
Belletristik

Nach dem Roman "Opernball" warteten aller Augen auf ihn, auf Haslingers nächsten Roman. Wird er wieder filmreif sein und die Literaturkritiker in zwei Lager spalten - in jenes, das Unterhaltung und Ernst verbunden, und jenes, das sie getrennt wissen will? - so wurde schon vor Erscheinen des Romans gefragt. Nun, die Qualität dieses Romans lässt sich tatsächlich nicht einfach beurteilen. Doch zunächst zum Inhalt: Helmut Kramer, der nicht mehr wie sein Vater heißen will und sich daher nun Rupert nennt, fährt mit dem Auto zum Flughafen. Eine ehemalige Freundin hat ihn um Hilfe und nach Amerika gebeten. Rupert weiß allerdings nicht, worum es geht (im Unterscheid zum Leser, der den Klappentext gelesen hat). In einem zweiten Handlungsstrang werden in Teilen eines Protokolls die Aussagen von Jonas Shtrom, einem gebürtigen Litauer, wiedergegeben, die von den schrecklichen Ereignissen in seiner Heimat während des Zweiten Weltkrieges berichten: Shtrom glaubt in Amerika einen Kriegsverbrecher wiedergesehen zu haben. Rupert, Sohn eines Politikers, trifft schließlich in Amerika auf diesen Kriegsverbrecher, dem er ein Versteck bauen soll. Beim Lesen kommen zunehmend gemischte Gefühle auf. Zum einen sicher deshalb, weil Haslinger erst nach etwa zwei Drittel der 573 Seiten auf das zu sprechen kommt, was der Verlag schon auf dem Klappentext ausplaudert und somit als Schwerpunkt gewertet wird, nämlich das Zusammentreffen des Kriegsverbrechers mit dem seinen Vater hassenden Politikersohn. Bis dahin ist der Leser viel mit dem Auto durch Schneetreiben gefahren und hat sich allerlei Rückblenden gefallen lassen. Zum anderen hat das zunehmende Unwohlsein damit zu tun, wie Haslinger hier diese zwei Erzählstränge zusammenführt: Nach dem langen Warten kann der Leser nur enttäuscht sein über die dünne Ausgestaltung des brisanten Themas, so oberflächlich wird das Treffen beschrieben. Sehr konträr zu den "Protokollen", deren Beschreibungen durch Mark und Bein gehen. Dabei sind es interessante Storries, die Haslinger zu erzählen hat / hätte. Eine fast satirische Abrechnung mit der Geschichte Nachkriegsösterreichs und dem Abgesang der Sozialdemokratie, die personalisiert wird mit den Eltern Ruperts. Diese sind Sprösslinge zweier Familien, deren politische Weltansichten - die eine schwarz, die andere rot - nicht zueinander finden. Aus dem revolutionären Roten, Ruperts Vater, wird ein eingesessener Politiker, ja Minister, bis sich seine Partei veranlasst sieht, sich von ihm zu verabschieden. Sein Selbstmord ist die Folge. Oder ist er die Folge von Ruperts Vatervernichtungsspiel, das im Internet auch für den Vater zu finden war? Ein Spiel, das aus der Virtualität getreten ist und den Vater wirklich getötet hat? Der gemeinsame Nenner der Geschichten ist jedenfalls das 20. Jahrhundert - das Jahrhundert der Vaterspiele, der Gewalt der Männer. Brigitte Schwens-Harrant *Sz* Februar 2001


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Personen: Haslinger, Josef

DR Has

Haslinger, Josef:
¬Das¬ Vaterspiel : Roman / Josef Haslinger. - Frankfurt am Main : S. Fischer, 2009. - 573 S.
ISBN 978-3-596-15257-5 kart.

Zugangsnummer: 0000005001
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