Drei private Leben Zwei neue Bücher zur Biographie Stefan Zweigs Mir graut nur vor der Öffentlichkeit, täglich mit neuen Bildern in allen Zeitungen zu sein"", schreibt Stefan Zweig am 25. August 1936 aus Brasilien an seiner Frau Friderike. Per Schiff reist er zum PEN-Kongreß nach Buenos Aires, macht vorher in Brasilien Station, wo er von einem offiziellen Termin zum nächsten herumgereicht wird. ""Ich bin ja hier eine Art Charlie Chaplin"" oder ""ich bin eben 6 Tage Marlene Dietrich gewesen"", so schildert Zweig seine Rolle. Und da lesen wir den Satz: ""Brasilien ist unglaublich, ich könnte heulen, wie ein Schlosshund, dass ich hier weg soll."" Stefan Zweig ist 54 Jahre alt, und eigentlich hasst er das öffentliche Herumgockeln. Aber manchmal muss es eben sein. Noch sechs Jahre werden vergehen, bevor Brasilien, genauer gesagt die Kleinstadt Petropolis in den Bergen oberhalb von Rio gelegen, zum Endpunkt seines Lebens wird, ein Ort, von dem er nicht mehr weg will. Im Februar 1942, im Alter von 60 Jahren, nimmt sich der weltberühmte Schriftsteller gemeinsam mit seiner zweiten Frau Lotte in einem höchst privaten Winkel dieser Welt das Leben. Allein die acht Jahre des Exils, angefangen beim Abschied aus Salzburg im Jahr 1934, danach London, Bath, New York, Ossining und New Haven, die Reisen und Begegnungen, all die Nöte dieser Jahre sowie die letzten Lebensumstände in Brasilien bieten so vielfältigen Stoff, dass man als Biograph unschwer von dieser Materie fasziniert sein wird. Gewiss mag man auch die ersten fünfzig meist strahlenden Jahre, zumal wenn unbekanntes Material zur Verfügung steht, aufs Neue erzählen. Dabei muss man natürlich ertragen, dass einem bei der Arbeit die Zweig-Biographie von Donald A. Prater (1972/1981) unentwegt gewissermaßen über die Schulter schaut. Der 35jährige deutsche Publizist und Dokumentarfilmautor Oliver Matuschek wagt nun einen neuen Versuch. Er erzählt das Leben Stefan Zweigs stringent und gut lesbar, sein Buch ist plausibel gegliedert und bietet uns eine seriöse und intelligente Zusammenfassung der Fakten an. Matuschek hat keine extravagante Arbeitshypothese, um Zweig aus einem eigenwilligen Blickwinkel irgendwie neu zu zeigen. Aber der Autor hat gründlichst recherchiert, einiges ungesichtete Material entdeckt, er schöpft aus dem Vollen, er sammelt und ordnet, nüchtern und exakt. So sehr diese Diskretion zu begrüßen ist, so tut sich doch die Frage auf, inwieweit sich eine Biographie nicht auch um die kommentierende Auswertung und Einschätzung der lebensgeschichtlichen Fakten bemühen soll. Da bleibt uns der neue Band dann doch einiges schuldig. Dabei hat Matuschek durchaus seine besonderen Vorlieben, und daraus folgen die StOEü
Personen: Matuschek, Oliver
Standort: St. Johann
PL.Q
Mat
Matuschek, Oliver:
Stefan Zweig : drei Leben - eine Biographie / Oliver Matuschek. - Frankfurt a. M. : S. Fischer, 2006. - 405 S. : Ill.
ISBN 3-10-048921-7 fest geb. : ca. Eur 20,50
Biographisches, Interpretationen (Literatur) - Buch: Sachbuch